Mein Hochzeitstag war wie aus einem Märchen – voller Magie, Liebe und Glück. Doch dann, mitten in der Zeremonie, erhob sich eine klare, kindliche Stimme, die durch den Raum schnitt wie ein Blitz in heiterem Himmel.
„Papa, du darfst sie nicht heiraten!“ Ein Schauer lief mir über den Rücken. Die kleine Gestalt in ihrem weißen Kleid stand entschlossen da, ihre blonden Locken tanzten im sanften Kerzenlicht. Liza, die vierjährige Tochter meines Verlobten,
zeigte mit ihrem kleinen Finger auf das große Fenster am Ende des Saals. „Du hast doch schon eine Frau!“ Ein Raunen ging durch die Menge. Ich spürte, wie mein Herz für einen qualvollen Moment stehen blieb. Und dann sah ich es – die Silhouette.
Dunkel, schemenhaft, stand sie draußen im Zwielicht der Dämmerung… und winkte. Mein Atem stockte. Drei Jahre zuvor…
Sergéi trat in mein Leben wie ein warmer Sommerregen – unerwartet, belebend und voller Gefühl. Wir trafen uns auf einer Feier, wo er mit seiner lässigen Art und seinem klugen Humor meine Welt auf den Kopf stellte.
Was als flüchtige Unterhaltung begann, verwandelte sich in stundenlange Gespräche, in gemeinsame Nächte voller Lachen, in Momente, in denen ich mich fragte, ob das Schicksal ihn mir geschickt hatte.
Und dann, Monate später, saßen wir in einem kleinen Restaurant, die Kerzen warfen flackernde Schatten auf sein ernstes Gesicht. „Katja, es gibt etwas, das du wissen musst.“ Seine Stimme klang ruhig, doch in seinen Augen lag eine gewisse Nervosität.
„Ich habe eine Tochter. Liza. Sie ist mein Ein und Alles. Ich verstehe, wenn das zu viel für dich ist… aber ich kann dir nichts verschweigen.“ Die Worte trafen mich unerwartet – nicht wie ein Schlag, sondern wie ein Windstoß,
der mir bewusst machte, dass ich mich an einer Klippe befand. Ein Schritt vorwärts, und ich würde fallen… Aber vielleicht war es ein wunderschöner Fall. „Ich brauche Zeit zum Nachdenken“, gestand ich.
„Nicht, weil ich zweifle… sondern weil ich sicher sein will, dass ich euch beide lieben kann, wie ihr es verdient.“
Ein paar Tage später, in unserem Lieblingscafé, nahm ich seine Hand und sagte mit fester Stimme: „Ich bin bereit. Stell mich deiner Tochter vor.“ Das Lächeln, das sein Gesicht erhellte, werde ich nie vergessen.
Liza und ich, Unser erstes Treffen war eine Prüfung. Ich trat durch die Tür mit einem Beutel selbstgebackener Schokoladenkekse in der Hand und einem Herzen, das so schnell schlug, dass ich sicher war, es würde mich verraten.
Liza stand da, halb versteckt hinter Sergéís Bein, ihr kleiner Arm klammerte sich an einen abgewetzten Plüschhasen. Ihre großen Augen musterten mich mit einer Mischung aus Neugier und Vorsicht.
Ein Moment des Schweigens. Dann ein leises, scheues Flüstern: „Ich liebe Kekse mit Schokostückchen…“ Mein Herz schmolz. Und so begann unsere Geschichte. Mit jedem gemeinsamen Tag wuchs unsere Verbindung.
Sie nannte mich bald „fast Mama“ – ein Wort, das süßer klang als jede Melodie. Und als Sergéi mir den Antrag machte, war es Liza, die vor Freude aufsprang und rief: „Du wirst meine Mama!“ Der Hochzeitstag.
Nun war der große Tag da. Die Luft war erfüllt vom zarten Duft der Rosen, das sanfte Licht der Kerzen tauchte den Saal in ein warmes, goldenes Glühen. Alles war perfekt. Bis zu diesen Worten. „Papa, du darfst sie nicht heiraten!“
Die Stille, die folgte, war greifbar. Ich spürte den Blick von hundert Augenpaaren auf mir, hörte das leise Murmeln der Gäste. Neben mir spürte ich, wie sich Sergéís Körper anspannte. Liza trat einen Schritt nach vorne, ihr Gesicht voller Ernst.
„Du hast doch schon eine Frau“, wiederholte sie und hob ihre kleine Hand. „Da! Sie steht da!“ Alle drehten sich gleichzeitig um. Hinter dem Fenster – im schwindenden Licht des Abends – war eine Gestalt zu sehen. Eine dunkle, schemenhafte Figur, die uns ansah… und winkte.
Mein Magen zog sich zusammen. Sergéi trat vor, sein Blick auf die Erscheinung geheftet. Meine Finger krallten sich unbewusst in den Stoff meines Kleides. Die Luft schien still zu stehen, als er sich dem Fenster näherte.
Und dann – plötzlich – lachte er. Ein echtes, tiefes, herzhaftes Lachen, das die Anspannung wie eine platzende Seifenblase zerstreute. Er drehte sich um – und an seiner Seite stand eine bekannte Gestalt.
Nína. Lizas ehemalige Nanny. Und in ihren Armen – ein alter, leicht zerfledderter rosa Plüschbär. „Katja“, sagte Sergéi, während er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte, „darf ich vorstellen: Mrs. Puschístik.“ Ich blinzelte. „Wer?!“
„Meine Frau“, erklärte er augenzwinkernd. „Zumindest laut Liza.“ Die kleine Unruhestifterin klatschte in die Hände und rief triumphierend: „Papa kann Katja nicht heiraten, wenn er schon mit Mrs. Puschístik verheiratet ist!“
Ein Moment des fassungslosen Schweigens. Dann – brach die Menge in schallendes Gelächter aus. Liza strahlte vor Freude. Nína grinste entschuldigend. „Sie hat in letzter Zeit viele Streiche-Videos geschaut und wollte eure Hochzeit mit einer Überraschung aufpeppen.
Ich konnte ihr einfach nicht widersprechen.“ Sergéi hob Liza hoch, seine Augen funkelten vor Belustigung. „Junge Dame, ab jetzt keine Streiche mehr auf Hochzeiten, okay?“ Liza nickte, kicherte – und drückte sich fest an ihn.
Ich atmete tief durch – und lachte dann mit. Wenn ich an die Zukunft dachte, wusste ich eines mit Sicherheit: Das Leben mit Liza würde niemals langweilig werden. Und ich wollte es nicht anders.