Mit einem entschlossenen Wurf landete das Tuch im Eimer, und Lena stützte sich schwer auf das Fensterbrett. Ein beklemmender Schwindel übermannte sie, die Übelkeit schlich sich unbarmherzig in ihren Magen.
Warum hatte sie sich nur wieder dazu überreden lassen, diese Fenster zu putzen? Die Schwangerschaft zerrte schon genug an ihr. Erschöpft ließ sie sich auf den Stuhl sinken, um einen Moment zu verschnaufen. Ihre Gedanken rasten.
Hätte sie nicht einfach mit ihrem Mann Pasha zusammen in einer Wohnung leben sollen, weit weg von diesem Ort? Doch dann blickte sie aus dem Fenster auf die frisch gewaschenen, von der Sonne durchfluteten Vorhänge und ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen.
Pasha würde ihr helfen, sie später aufzuhängen. Ihr Haus würde gemütlich werden. Und immerhin hatten sie erst vor vier Monaten geheiratet, so dass die neue Verantwortung eine völlig fremde, aber aufregende Herausforderung war.
Am ersten Tag nach der Hochzeit hatte ihre Schwiegermutter, Tamara Petrowna, ihren Mann sofort an die Arbeit geschickt: — Aufstehen! Der Garten muss gegossen werden, sonst vertrocknet alles! Lena hatte Mitleid mit ihrem
Schwiegervater und ohne zu zögern die Gießkanne ergriffen, um die Pflanzen zu versorgen. Als sie ins Haus zurückkehrte, wartete der nächste Berg an Arbeit: Das ganze Geschirr musste abgewaschen werden, während die Männer seelenruhig in ihren Betten schnarchten.
Die Schwiegermutter war auf dem Markt, um das Gemüse zu verkaufen. In diesem Moment, während Lena die Teller und Töpfe abspülte, überkam sie eine tiefe, nachdenkliche Ruhe. Was hatte sie sich nur gedacht? Wie würde ihr Leben weitergehen,
wenn alles so anstrengend und chaotisch war? Doch dann schüttelte sie sich, musste sich zusammenreißen. „Es ist nur der Stress der letzten Wochen“, dachte sie sich. „Es wird alles gut werden. Tamara Petrowna wird mich mögen, wenn sie sieht,
wie sehr ich ihren Sohn liebe!“ Lena nahm sich vor, mit einer köstlichen Mahlzeit zu beweisen, dass sie eine gute Hausfrau war. Sie holte die frischen Produkte aus dem Keller, bereitete das Mittagessen vor und hoffte, dass ihre Schwiegermutter zufrieden sein würde.
Der verführerische Duft zog durch das Haus, und schon bald kamen die Männer, die hungrig in der Küche standen. Der würzige Geruch von Borschtsch und Fleisch lockte sie an. Sie stürzten sich auf die Suppe wie hungrige Wölfe.
Lena fühlte sich stolz und hoffte, dass Tamara Petrowna, wenn sie zurückkam, ihre Bemühungen loben würde. Doch als die Schwiegermutter das Haus betrat und die ersten Düfte wahrnahm, verzog sich ihr Gesicht zu einer verächtlichen Miene.
— Was ist das für ein Geruch? — fauchte sie. Und als sie in den Topf blickte, war ihre Miene noch finsterer. Lena hörte Worte, die sie nie zuvor in ihrem Leben gehört hatte – so hart, so roh, dass sie einen Schauer über den Rücken jagten.
Tamara Petrowna warf ihr vor, Lebensmittel zu verschwenden und für ihre Familie nicht genug zu sparen. Lena wollte sich an ihren Mann oder Schwiegervater wenden, doch beide saßen schweigend da, wie schuldbewusste Kinder.
Am Abend erklärte Pasha ihr, dass es in ihrer Familie üblich sei, Lebensmittel für den Verkauf aufzuheben, anstatt sie zu konsumieren. Lena verstand das nicht. Sie war keine Städterin, aber ihre Mutter hatte nie an Lebensmitteln gespart.
Zwar brachte sie keine überschüssigen Produkte zum Markt, aber sie gab immer ihr Bestes, um genug zu haben. Die Traditionen ihrer neuen Familie waren ihr ein Rätsel. Sie dachte die ganze Nacht darüber nach, weinte in ihr Kissen.
Erinnerungen an ihre Mutter, die gegen diese Hochzeit war, quälten sie. Sie hatte ihre Schwiegereltern nie gemocht, aber Lena hatte ihren Gefühlen keine Beachtung geschenkt. Sie liebte Pasha, den dunklen, stolzen Mann,
den sie aus ihrer gemeinsamen Studentenzeit kannte. Sie waren zusammengezogen, die Liebe entbrannte, und bald war sie schwanger. Pasha hatte sich nicht gefreut, doch er versprach, für sie da zu sein. Der Plan war, das Kind erst einmal bei den Großmüttern zu lassen, um die Studienzeit zu beenden.
Jetzt, vier Monate später, quälte sich Lena unter dem Dach ihrer Schwiegermutter. Tamara Petrowna ließ sie nicht in die Küche, kümmerte sich um die Vorräte und verkaufte alles, was sich im Garten fand. Und während die Männer friedlich schliefen, schuftete Lena im Garten, wusch und kochte. Ihr Mann hatte sie in letzter Zeit immer wieder kritisiert:
— Du bist ja richtig abgemagert. Es gibt ja kaum noch etwas, an dem man sich festhalten kann! — Und warum sollte ich an meinem Aussehen arbeiten, wenn ich wie ein Hamster im Rad renne und kaum etwas zu essen bekomme?! — konterte Lena verzweifelt.
Der Gedanke an ihr ungeborenes Kind, das ebenfalls Hunger litt, ließ ihr Herz brechen. Eines Tages hatte Lena plötzlich Sehnsucht nach Fisch. Sie ging zum Markt und kaufte einen, kochte einen köstlichen Fischkuchen.
Als Pasha und der Schwiegervater davon aßen, schienen sie die Zeit zu vergessen. Doch als Lena versuchte, ihrer Schwiegermutter zu erklären, dass der Fisch aus ihrem eigenen Geld gekauft worden war, schickte Tamara Petrowna sie sofort hinaus, um den Schweinestall zu säubern.
Lena weinte in der kalten, stinkenden Dunkelheit des Stalls, als sie plötzlich die Schritte ihres Schwiegervaters hörte. Die Tür schwang auf und er trat ein, seine Gesichtszüge ernst, doch seine Worte trafen sie wie ein Schlag:
— Danke für den Kuchen, meine Tochter. Aber hier wirst du nicht leben können. Sie wird dich fressen. Lauf, solange du kannst!
Er überreichte ihr ein kleines Paket. Lena öffnete es und fand ihren Fischkuchen. Ihre Tränen mischten sich mit dem Geschmack der Tränen und des Kuchens, als sie versuchte, sich durch den Gestank des Stalls hindurch zu kämpfen.
In der Nacht weinte Lena sich in den Schlaf, ihre Gedanken wirbelten. Hatte sie sich wirklich in ihrem Mann getäuscht? Würde er sie nie beschützen? Hatte sie sich in ihm geirrt, in diesem Mann, den sie über alles liebte?
Am nächsten Tag bat sie Pasha, ihr zu helfen, die Vorhänge aufzuhängen. Doch seine Antwort ließ sie zusammenzucken: — Du hast sie abgenommen, also häng sie auch selbst auf! Ich habe keine Zeit!
Seine Worte trafen sie wie ein Messer. Sie war enttäuscht, verletzt und fühlte sich mehr denn je allein. Doch dann klopfte es plötzlich an der Tür. Als sie öffnete, stand Katja, die fröhliche Postbotin, vor ihr, ein Päckchen in den Händen.
— Hier, ein Päckchen für dich! — rief Katja fröhlich und übergab ihr das Paket. Lena öffnete es, und als sie die gestrickten Kleidungsstücke für ihr ungeborenes Kind sah, musste sie stumm aufschluchzen:
— Oh, meine Mama, wie viele Abende hast du daran gearbeitet? Doch bevor sie sich von den warmen Gefühlen überwältigen lassen konnte, trat Tamara Petrowna ein, blickte auf die sauberen Fenster und schnaubte verächtlich:
— Entspannst du dich hier etwa? Und was ist mit den Zucchini und Gurken im Garten? Was soll ich morgen verkaufen? Dann nahm sie das Päckchen und schüttete die Kleidung auf den Boden. — Tolle Sachen! Diese Teppiche kann ich bestimmt morgen verkaufen!
— sagte sie, während sie sie in ihr Zimmer zog. Lena spürte einen Zorn in sich aufsteigen, der heißer war als alles, was sie je gefühlt hatte. Es war die letzte Tropfen. Wütend stürmte sie aus dem Haus, rannte und rannte, bis sie die Postbotin einholte.
— Wohin gehst du? Komm mit mir, — rief Katja, die sie einlud, sich ihr anzuschließen. In kurzer Zeit saßen sie bei Katja am Tisch, tranken Tee und knabberten an Brezeln. — Du darfst nicht zurück zu dieser Frau, — sagte Katja entschieden.
— Sie wird dich fressen! Ich gebe dir Geld für ein Ticket. Fahr zu deiner Mutter, bevor es zu spät ist! Lena verbrachte die Nacht bei Katja und machte sich am nächsten Tag auf, um ihre Sachen zu packen. Als sie das Gepäck ins Auto legte, sah sie Tamara Petrowna mit einem höhnischen Blick:
— Was, hast du genug? Kommst du jetzt mit deinem Bauch zu deiner Mutter? Pasha saß am Tisch, seine Augen voller Vorwürfe, ohne sie auch nur zu stoppen. Lena ging, schwanger und befreit, und brachte einen gesunden,
wunderschönen Jungen zur Welt. Sie setzte ihr Studium fort, fand einen guten Job und heiratete erneut. Pasha blieb auf dem Markt, während Tamara Petrowna, einige Jahre später, eines tragischen Unfalls erlag.
Sie hatte es vorgezogen, an ihrer eigenen Gesundheit zu sparen und war auf einem Haufen Dornen im Schweinestall gefallen. Ihre Verletzungen waren zu schlimm, um sie zu behandeln, und sie starb. Gott hatte sie für ihr unmenschliches Verhalten gegenüber ihrer Schwiegertochter bestraft.