Ein Blick, der alles veränderte. Ich besaß alles, was sich mit Geld kaufen ließ – eine Villa, die in goldenem Licht erstrahlte, eine Garage voller Luxusautos, ein Bankkonto, das niemals leer wurde. Und doch… war da diese nagende Leere,
ein Echo in meinem Herzen, das kein Reichtum übertönen konnte. Familie? Nie gehabt. Frauen? Sie sahen in mir den reichen Erben, nie den Mann dahinter. Und jetzt, mit einundsechzig, saß ich in meinem Wagen und fragte mich,
ob all das wirklich ein Leben war – oder nur ein kunstvoller Käfig aus Glas. Der Regen klatschte gegen die Windschutzscheibe, als ich an einer roten Ampel hielt. Dann sah ich sie. Eine Frau, zusammengekauert neben einem Mülleimer,
ihr zerschlissener Mantel konnte die Kälte nicht abhalten. Ihr Haar fiel wirr über ihr Gesicht, aber ihre Hände… ihre Hände wühlten nicht hektisch wie die anderer Obdachloser. Nein, ihre Bewegungen waren präzise,
fast würdevoll, als würde sie in diesem Abfall etwas suchen, das wertvoller war als bloße Nahrung. Etwas in mir erstarrte. Warum konnte ich nicht wegsehen? Mein Fuß glitt vom Gaspedal. Sekunden später öffnete sich das Fenster meines Wagens.
„Brauchen Sie Hilfe?“ Ihre Schultern strafften sich. Langsam hob sie den Kopf, und als unsere Blicke sich trafen, durchzuckte mich ein seltsames Gefühl. Ihre Augen waren tief wie ein Ozean, voller Geschichten, die ich nicht verstand.
„Bieten Sie welche an?“ Ihre Stimme war rau, fast herausfordernd. Ich wusste nicht, warum ich das tat. Vielleicht, weil ich mich in ihrem Blick wiedererkannte. Vielleicht, weil ich selbst immer nach etwas gesucht hatte, ohne zu wissen, was es war. „Ja.“
Die Fremde in meiner Welt. Sie hieß Olga. In dieser Nacht schlief sie in meinem Gästehaus – einem Raum, den ich nie benutzte, einer Ecke meines Lebens, die vergessen war. Tag um Tag blieb sie. Sie sprach wenig,
aber in ihren Gesten lag eine stille Stärke. Sie nahm kein Mitleid an, keine falschen Worte. Und doch… brachte ihre bloße Anwesenheit etwas in meinem Haus zum Klingen. Ein Echo, das mich an etwas erinnerte, das ich lange verloren glaubte.
Eines Abends fand ich sie auf der Terrasse, eine Tasse Tee in der Hand, den Blick auf die untergehende Sonne gerichtet. „Was haben Sie früher gemacht?“ fragte ich. Sie zögerte. Dann, fast flüsternd: „Ich war Künstlerin.“
Ich blinzelte überrascht. „Und warum sind Sie es nicht mehr?“ Sie lachte – ein leiser, bitterer Laut. „Das Leben hat andere Pläne gemacht.“ Und so saßen wir da, zwei verlorene Seelen, schweigend unter einem Himmel, der nichts von unserer Vergangenheit wusste.
Die Wahrheit auf Leinwand. Dann geschah es. Ich suchte etwas in der alten Garage und stieß auf ihre Welt. Gemälde. Dutzende. Und jedes zeigte mich. Aber nicht so, wie ich mich selbst sah. Auf einer Leinwand war ich gefangen in Ketten,
auf einer anderen brannten meine Hände, auf einer dritten lag ich in einem dunklen Sarg. Mir wurde eiskalt. War das, wie sie mich sah? Ein gefesselter Mann, ein Verlorener? Beim Abendessen sprach ich es an.
„Warum diese Bilder?“ Meine Stimme klang härter, als ich wollte. Sie erstarrte. „Du solltest sie nicht sehen.“ „Aber ich habe sie gesehen.“ Ich konnte den Stich in meiner Brust nicht ignorieren. „Bin ich für dich ein Monster?“
Sie atmete tief durch. „Ich war wütend“, sagte sie schließlich. „Wütend auf dich. Auf mich. Auf alles. Ich musste es irgendwohin lenken.“ Stille. Dann stand ich auf. „Du solltest gehen.“ Die Entscheidung
Ich brachte sie zu einem Frauenhaus. Sie sagte nichts, als ich den Wagen stoppte. Nur ein kurzer Blick. Ein Nicken. Dann war sie fort. Wochen vergingen. Doch mein Haus war leerer als je zuvor.
Dann, eines Morgens, lag ein Paket vor meiner Tür. Ich öffnete es – und erstarrte. Ein Gemälde. Nicht voller Dunkelheit. Nicht voller Schmerz. Sondern ich – mit offenen Augen, frei, ruhig. Ein kleines Zettelchen fiel heraus.
„Es war nicht die Welt, die dich in Ketten legte. Es warst du selbst. Ruf mich an, wenn du bereit bist.“ Ich hielt das Bild in meinen Händen. Mein Herz pochte. Dann griff ich zum Telefon. Und drückte „Anrufen“.