Sie ging schwanger und allein zum Grab ihres Verlobten … und fand dort ein mysteriöses Telefon. Als …

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Kristi stieg mit Mühe aus dem Bus. Sie war in der Stadt angekommen, dem Heimatort ihres Verlobten Lajos.

Während der ganzen Fahrt saß sie still da und wischte sich mit einem Taschentuch die Tränen ab, das schon feucht war. Sie fühlte, dass ihr Leben mit dem Tod von Lajos zu Ende gegangen war.

Und doch wuchs in ihr neues Leben — in nur zwei Monaten sollte ihre gemeinsame Tochter geboren werden.

Ihr Kind, das Einzige, was sie noch aufrecht hielt, das Einzige, was sie vor einem verzweifelten Schritt bewahrte.

Sie hatten sich zwei Jahre zuvor kennengelernt, als Kristi die staatliche Einrichtung verließ, in der sie aufgewachsen war.

Sie arbeitete nachts in einer Fabrik und ging morgens zur Berufsschule. Es war anstrengend, aber notwendig. Lajos kam in die Fabrik, um neue Maschinen zu installieren.

Kristi hatte Gerüchte gehört: Ein reicher Mann hatte die Fabrik gekauft und komplett modernisiert. Die Arbeiter reagierten unterschiedlich – einige freuten sich über den Fortschritt, andere fürchteten die Veränderungen.

Kristi selbst war beunruhigt. „Ein neuer Besen kehrt gut“, sagten sie sich mit bitterem Lächeln.

Eines Abends blieb Lajos lange, um die Montage der Maschinen zu überwachen. Die lokalen Techniker konnten sie noch nicht bedienen, also schulte er sie selbst.

Irgendwann kam er zur Maschine, an der Kristi arbeitete. Mehrmals kam er ihr nah, was sie ablenkte und sie verlegen erröten ließ.

Doch gegen Ende der Schicht verschwand er, und sie atmete erleichtert auf.

Trotzdem hatte der junge Mann einen seltsamen Eindruck bei ihr hinterlassen. Nach der Arbeit wollte sie fast aus der Fabrik fliehen. Sie sollte doch nach Hause gehen, sich ausruhen, und morgen hatte sie keine Schule – endlich konnte sie richtig schlafen.

„Hey, Mädchen!“ rief jemand hinter ihr. „Kristi!“

Sie blieb abrupt stehen. Ein Auto hielt langsam neben ihr. Am Steuer saß Lajos.

„Ich komme dich abholen“, sagte er lächelnd. „Komm, ich bring dich nach Hause.“

Kristi sah ihn skeptisch an.

„Vielleicht fahren wir nicht in die gleiche Richtung…“

„Keine Sorge“, lachte er. „Ich garantiere dir, wir fahren richtig.“

Sie verstand noch nicht, wie es dazu kam, dass sie schließlich in sein Auto stieg.

Aber statt sie sofort nach Hause zu bringen, verbrachten sie den ganzen Vormittag zusammen, gingen durch die Stadt und redeten ununterbrochen. Kristi vergaß Schlaf und Müdigkeit.

Als sie endlich nach Hause zurückkehrte, blickte sie aus dem Fenster – auf der Straße stand Lajos’ geparktes Auto. Drinnen schlief er, hielt einen riesigen Blumenstrauß in den Händen.

Von diesem Tag an wurden sie unzertrennlich. Drei Monate später wurde Kristi schwanger.

Lajos machte ihr einen Heiratsantrag.

„Sobald ich hier fertig bin, nehme ich dich mit in meine Stadt“, sagte er. „Ich stelle dich meiner Mutter und meinem Bruder vor. Das sind gute Menschen.“

„Nein, sag ihnen zuerst, dass es mich gibt“, antwortete Kristi. „Ich will nicht einfach so auftauchen: ‚Hier ist die Verlobte, und außerdem schwanger!‘“

„Mach dir keine Sorgen“, lachte Lajos und nahm es gelassen.

Aber Kristi wusste es. Sie wusste, wie wohlhabende Familien Kinder aus Waisenhäusern sehen. Sie hatte Angst vor Ablehnung und wollte sich schützen. Lajos lächelte nur und drängte sie nicht.

Dann ging er fort. Vor drei Monaten.

Kristi wartete einfach. Wartete, als sei die Zeit mit ihrem Atem stehen geblieben.

Lajos meldete sich nie wieder. Keine Anrufe. Keine Briefe. Nichts. Alle sagten, er hätte sie verlassen.

Aber sie wollte es nicht glauben.

Zwei Monate später, als ihre Tränen fast getrocknet waren, hörte sie zufällig in der Buchhaltung die traurige Wahrheit: Der Mann, der die Maschinen installiert hatte – Lajos – war gestorben.

Ihre Welt brach zusammen. Sie fiel bewusstlos zu Boden. Erwachte im Büro des Hauptbuchhalters. Eine ältere Frau hielt ihre Hand liebevoll.

„Du warst das Mädchen, mit dem er zusammen war?“ fragte sie.

„Ja…“ flüsterte Kristi.

„Weine nicht, Kind. Es war ein Unfall. Er stieg aus dem Auto aus und wurde von drei Männern angegriffen. Sie wurden gefasst, aber nichts bringt ihn zurück…“

Kristi starrte leer vor sich hin. Der Schmerz in ihrer Brust war zerreißend.

„Weißt du, wo er begraben ist?“ fragte sie schwach.

„Ja. Wir alle waren auf der Beerdigung. Ich zeige dir, wo sein Grab ist.“

„Sollte ich seine Familie besuchen?“ überlegte Kristi laut, ohne selbst eine Antwort zu kennen.

Im strömenden Regen, mit schwerem Körper, machte sie sich auf zum Friedhof. Schritt für Schritt kam sie näher. Lajos wartete auf sie.

Sie musste sich verabschieden, sich entschuldigen – denn sie war der Grund, dass er gegangen war, um seine Familie auf ihr Kommen vorzubereiten. Weil sie Angst gehabt hatte.

Der Regen wurde stärker. Kristi zitterte. Aber es war ihr egal, ob sie krank wurde.

Endlich sah sie das Grab. Frische Erde, voller Blumen, neben einer alten Familienkrypta. Vielleicht gehörte sie zur Familie von Lajos.

An dem Kreuz hing sein Foto.

„Hallo, Liebling“, flüsterte Kristi und fiel auf die Knie. Sie weinte und schluchzte, Minute um Minute.

Bis sie erschöpft im Schlamm einschlief, durchnässt und hungrig.

Sie erwachte erschrocken. Sie musste einen Schutzplatz finden. Sie durchsuchte ihre Taschen, doch das Telefon war weg.

Blitze erhellten den Himmel. Dann öffnete sich knarrend die Tür der Krypta. Kristi lief hinein.

„Entschuldigung… ich will mich nur ein bisschen wärmen“, flüsterte sie.

Sie setzte sich auf den kalten Boden, ließ die Tür einen Spalt offen. Im Halbdunkel hörte sie ein Geräusch. Das Telefon klingelte.

Sie nahm ab.

„Hallo?“ sagte sie schwach.

„Das ist mein Telefon“, hörte sie eine Stimme. „Wo bist du?“

„Auf… auf dem Friedhof.“

„AUF DEM FRIEDHOF?! Das kann nicht sein! Ich habe es gestern verloren, ich habe das Grab gezählt! Wo genau bist du?“

„In… in der Krypta…“

Stille auf der anderen Seite war ohrenbetäubend.

„Du bist in der Krypta?!“

„Ja… mir ist kalt… ich fühle mich schlecht…“

Die Verbindung brach ab. Kristi sank bewusstlos zu Boden.

„Mädchen! Wach auf! Wach auf!“

Langsam öffnete sie die Augen. Ein fremder Mann beugte sich über sie.

„Lajos?“ flüsterte sie schwach. „Bist du das?“

Der Mann zitterte.

„Bist du Kristi?“

Das Mädchen bewegte leicht die Augenlider als Zeichen für „ja“.

„Verdammt…“ flüsterte der Mann und nahm behutsam ihre Hand. „Komm, ich muss dich hochheben.“

Als er ihren Bauch ansah, erstarrte er.

— Aber… du bist schwanger?

Tränen standen Kristis Augen wieder bevor.

Der Mann nahm sie in die Arme und lief zum Auto. Er legte sie auf den Rücksitz, deckte sie zu und rief an.

— Mama, ich habe sie gefunden! Ich habe sie auf dem Friedhof gefunden! Sie ist schwanger… von Lajos!

Eine Frauenstimme war zu hören, streng, aber voller Emotionen.

— Schwanger? Von Lajos? Bring sie sofort zu Dr. Sergei! Ich komme gleich!

Er legte auf und sah Kristi warmherzig an.

— Ich bin Denes, Lajos’ Bruder. Mach dir keine Sorgen. Jetzt bist du sicher.

Er startete den Motor und sie fuhren schnell zur Klinik.

Dort wurden sie fürsorglich aufgenommen. Kristi kam in ein warmes Zimmer, man wickelte sie in Decken, und eine Krankenschwester streichelte ihr sanft über das Haar.

— Beruhige dich, Liebling. Du bist jetzt in guten Händen.

Währenddessen lief Denes nervös im Wartezimmer auf und ab, warf immer wieder besorgte Blicke zur Tür. Gedanken wirbelten in seinem Kopf, und Stress schnürte ihm den Magen wie ein Knoten zu.

Nach kurzer Zeit kam seine Mutter Erika. Sie war eine große, würdevoll wirkende Frau, deren Blick Kraft und Entschlossenheit ausstrahlte, und jeder ihrer Bewegungen zeugte von Disziplin.

Hinter ihr eilte Dr. Sergei, ein kleiner Mann mit warmem Lächeln und weißem Arztkittel.

— Nun? — fragte Erika sofort mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete.

— Zum Glück nichts Ernstes — antwortete der Arzt beruhigend. — Sie ist erschöpft, hat einen Schock erlitten und steht kurz vor einer ernsten Infektion. Das Kind ist jedoch gesund. Zum Glück haben wir sie rechtzeitig gefunden.

Erika nickte, verbarg ihre Erleichterung hinter einem strengen Gesichtsausdruck.

— Kann ich sie sehen?

— Ja, aber nur kurz und sehr vorsichtig — warnte Dr. Sergei.

Erika ging langsam zum Zimmer und öffnete vorsichtig die Tür. Drinnen war Kristi schon halb bewusstlos, als die Frau sich neben sie setzte.

— Guten Abend — sagte sie mit ruhiger Stimme. — Ich bin Erika, Lajos’ Mutter.

Kristi hob leicht den Kopf und nickte schwach.

— Er mochte dich sehr — sagte Erika leiser und wärmer, als man von ihr erwartet hätte.

— Ich bin nicht hier, um etwas von dir zu verlangen. Ich bin nur gekommen, um mich von ihm zu verabschieden — fuhr sie fort, die Stimme vom Mitgefühl gebrochen.

— Erzählst du mir von ihm? Von euch beiden? — fragte sie beinahe flehend.

Kristi nickte und begann leise ihre Geschichte zu erzählen: wie sie sich kennengelernt hatten, das erste Date, den Blumenstrauß, den er ihr schenkte, glückliche Momente, gemeinsame Träume… und schließlich die Stille.

Drei Monate, in denen niemand nach ihr gesucht hatte.

Als sie endete, stand Erika auf, sah langsam den Raum an und stellte sich wieder ans Bett.

— Warum bist du nicht zu ihm gegangen, als er dich rief? — fragte sie leise.

Kristi senkte den Blick.

— Weil ich ein Waisenkind bin. Ich bin im Kinderheim aufgewachsen. Man hat mich dafür immer erniedrigt. Ich hatte Angst, dass auch seine Familie… und ihr… mich genauso sehen würdet.

Erika lächelte bitter.

— Was für ein Unsinn… Woher du kommst, definiert nicht, wer du bist. Du hast einfach die falschen Menschen getroffen, mein Kind.

Sie drückte ihre Hand fest und liebevoll.

— Ruh dich jetzt aus. Morgen früh komme ich zurück und bringe dir alles, was du brauchst.

— Das ist nicht nötig… Ich habe eine Tasche… nur mein Telefon ist weg — murmelte Kristi.

— Wir werden es finden, mach dir keine Sorgen.

Erika verließ das Zimmer. Denes wartete ungeduldig auf sie.

— Es geht ihr gut. Und dem Kind auch — sagte sie. — Aber, Denes… dieses Mädchen… Lajos war mit ihr glücklich. Ich habe es auf ihren Fotos gesehen. Wir müssen sie wertschätzen.

Denes nickte ernst.

— Ich weiß. Und so werden wir es machen.

Am nächsten Tag, als Kristi erwachte, war Erika bereits da, beladen mit Taschen: Kleidung, frisches Obst und einem nagelneuen Handy.

— Frau Erika… warum sind Sie so gut zu mir? — fragte Kristi schüchtern.

Die Frau lächelte warm.

— Weil mein Sohn dich gewählt hat. Und weil in dir mein Enkel wächst.

Nach einem Moment der Stille fügte sie hinzu:

— Aber ich habe auch eine Frage. Wann erlaubst du Denes, deinem Herzen näherzukommen?

Kristi blickte zu Boden und fühlte die bekannte Last der Schuld.

— Ich weiß nicht… Lajos…

— Lajos ist gegangen. Aber du lebst. Und das Leben muss gelebt werden, nicht in Trauer verloren — sagte Erika ruhig.

Zwei Jahre vergingen.

— Karinica, komm her, mein Schatz! — rief Erika lachend, während sie versuchte, das kleine lockige Mädchen zu fangen, das wie ein Wirbelwind davonrannte.

Doch Karinica lachte laut und rannte in Kristis Arme, die sie liebevoll umarmte.

— Ich heiße Königin! — erklärte das Mädchen stolz, und Erika brach in Gelächter aus.

Kristi lebte nun in einer gemütlichen Wohnung im Stadtzentrum, hatte Hilfe bei der Kleinen und studierte Jura, voller Hoffnung auf die Zukunft.

An diesem Tag lud Erika sie zu einem ernsten Gespräch ein.

Kristis Herz zog sich zusammen, wie jedes Mal, wenn sie spürte, dass sie etwas Schwieriges erwartete.

— Ja… ich höre.

— Antworte mir ehrlich: Wie lange wollt ihr beide euch noch so quälen?

Kristis Augen wurden groß.

— Was meinen Sie damit?

— Ich sehe es. Er schläft nicht, isst nicht richtig, arbeitet unermüdlich und kümmert sich aus der Ferne um dich. Und du… siehst ihn an, als würdest du jemanden lieben, aber Angst haben, zu ihm zu gehen. Warum?

Kristi errötete.

— Ich weiß nicht… Vielleicht… kann ich Lajos noch nicht loslassen. Ich liebe ihn noch. Und ich fühle mich schuldig, dass ich anfange, jemanden anders zu mögen.

Erika setzte sich ihr gegenüber und sagte mit warmer, bestimmter Stimme:

— Lajos kommt nicht zurück. Er hat dich geliebt und war mit dir glücklich. Aber jetzt musst du leben. Denes liebt dich. Das sieht man in jeder seiner Bewegungen.

Kristis Augen füllten sich mit Tränen.

— Ich liebe ihn auch… aber ich weiß nicht, wie ich neu anfangen soll.

— Versuch es — sagte Erika. — Und wenn es klappt, wirst du glücklich sein. Wenn nicht, weißt du, dass du getan hast, was nötig war.

Diese Kluft zwischen euch hilft niemandem. Weder dir, noch ihm. Noch der kleinen Karina.

Nach dem Gespräch saß Kristi stundenlang mit dem Handy in der Hand. Ihr altes Telefon war wieder aufgetaucht – man hatte es unversehrt im Schließfach gefunden.

Sie schaltete es ein, suchte Denes’ Namen und schickte ihm nur zwei Worte:

„Ja. Ich will auch.“

Zwei Monate später.

Die kleine Karinica klatschte begeistert, als Kristi und Denes als Ehepaar Hand in Hand das Rathaus verließen. Erika wartete mit einem großen Blumenstrauß und umarmte sie herzlich.

— Danke, Mama — flüsterte Denes.

— Ich danke euch, dass ihr die Vergangenheit nicht eure Zukunft hat zerstören lassen — antwortete sie gerührt.

In derselben Nacht, als die Kleine schlief, beugte sich Kristi zu Denes und sagte mit Freudentränen:

— Es gibt etwas, das ich dir nie gesagt habe. Vielleicht hatte ich Angst, es zu sagen. Aber jetzt weiß ich es.

— Was? — fragte Denes mit liebevoller Stimme.

— Ich liebe dich. Ganz. Mit meiner Vergangenheit, mit allen meinen Teilen. Und ich habe keine Angst mehr.

Denes umarmte sie fest und flüsterte:

— Ich hatte auch nie Angst. Ich habe einfach auf dich gewartet.

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