„Egor, sag mir sofort, was du da versteckst!“ – Mamas Stimme knisterte vor Spannung, ihre Augen blitzten. „Nichts“, stotterte der Junge, während er die Jacke noch fester an seine Brust presste. Ein leises Wimmern kam aus der Tasche,
und Egor spürte, wie das Herz in seiner Brust hämmerte. „Was ist das?“ Ihre Stimme war jetzt schärfer, fast drohend. Egor beiß sich die Lippe ab, als er einen Schritt zurücktrat. Tränen brannten in seinen Augen.
Wie sollte er es ihr erklären? Wie sollte er ihr sagen, dass er nicht einfach vorbeigehen konnte? Dass dieser winzige, zitternde Körper da draußen nicht zurückgelassen werden konnte? Es hatte alles gestern Abend angefangen.
Egor war, wie immer, nach der Schule nach Hause gegangen. Vorbei an den alten Garagen, den verwahrlosten Baustellen, den Mülleimern. Der Winter hatte die Stadt in einen düsteren Schleier gehüllt, der die kalte Dämmerung verschlang.
Der Wind zerzauste seine Haare, und der Schnee fiel in dichten Flocken, die die Erde mit einer feuchten Decke bedeckten. Er zog die Kapuze tiefer ins Gesicht, wickelte den Schal fester um seinen Hals. Nur noch ein paar Minuten,
nur noch fünf Minuten schnellen Schrittes – und er würde zu Hause sein. Es würde warm sein, Mama würde sicher schon etwas Leckeres kochen. Doch plötzlich hörte er es. Ein leises Wimmern. Ein klagendes Geräusch.
So zart, dass es sein Herz wie einen schmerzhaften Stich traf. Egor blieb wie versteinert stehen. Hatte er sich verhört? Nein, da war es wieder – das leise, angsterfüllte Wimmern eines Lebewesens, das in der Kälte litt.
Er trat näher, und dann, aus einer zerfetzten Pappschachtel, tauchte ein kleines, schwarzes Gesicht auf. Zwei glänzende Knopfaugen blickten ihn an, völlig hilflos, völlig verängstigt. Ein Welpe! Er war winzig.
Zitternd vor Kälte, das Fell nass und zerzaust, wie von Eisblumen überzogen. An seiner Schnauze hing ein Tropfen – ein winziger, zitternder Tropfen. Schmelzender Schnee? Oder etwas anderes?
„Was machst du hier ganz allein?“ fragte Egor, seine Stimme fast ein Flüstern, als er sich vorsichtig herunterbückte, die Hand ausstreckte. Der Welpe stieß sanft seine kalte Nase gegen Egors Hand. Ein winziger, warmer Stups.
Ein flüsternder Ruf nach Hilfe. „Oh, du bist ganz durchgefroren“, murmelte Egor, während seine Gedanken wie ein Sturm in seinem Kopf tobten. Was sollte er tun? Er konnte ihn nicht hier lassen, nicht so! Er würde erfrieren! Oder von einem Auto überfahren werden!
Aber nach Hause konnte er auch nicht gehen. Mama hatte immer gesagt: Keine Tiere! Ihre Wohnung war zu klein, ihr Leben zu hektisch, das Geld zu knapp. Wie oft hatte Egor sich einen Hund gewünscht, und immer wieder die gleiche Antwort erhalten:
„Wenn du älter bist, kannst du dir einen Hund holen. Aber bis dahin – vergiss es!“ Und Papa stimmte immer zu. Ein Hund sei zu viel Verantwortung. Man müsse sich kümmern, dreimal am Tag raus, füttern, pflegen… und was, wenn der Hund krank wurde?
Doch der kleine Welpe jaulte wieder, und diesmal klang es fast wie ein leiser Hilferuf. Und Egor wusste: Er konnte nicht einfach weitergehen. Er konnte nicht weiter nach Hause gehen, als wäre nichts passiert.
„Komm her, kleiner“, flüsterte er und öffnete seine Jacke, „Ich finde schon eine Lösung.“ Er hob den Welpen vorsichtig auf, spürte, wie leicht und zerbrechlich der kleine Körper war – fast wie ein Wölkchen.
Der kleine Hund zitterte in seiner Umarmung, und Egor fühlte, wie sich seine Brust vor Sorge zusammenzog. Jetzt musste er ihn nur noch schnell nach Hause bringen – unauffällig, so unauffällig wie möglich.
Die Dunkelheit der Dämmerung war auf seiner Seite. Der Schnee fiel dichter, der Wind wirbelte die Flocken durch die Luft, und Egor zog den kleinen Hund unter seiner Jacke versteckt weiter. Jeden Schritt spürte er im Boden,
als ob der Welpe in seiner Jacke eine schwere Verantwortung trug, die Egor nie hatte verstehen können, bis zu diesem Moment. Der alte Schuppen hinter dem Haus! Hier konnte er den Welpen verstecken! Es gab alte Bretter und Kartons,
eine Tür ohne Schloss, nur einen Riegel. Es war der perfekte Ort. Er schleppte sich weiter, versuchte, keine Angst zu zeigen. Der Welpe – das winzige, zitternde Wesen – war so ruhig geworden, als ob er wusste, dass er ihm in dieser Dunkelheit ein Versteck bieten würde.
Der Schuppen roch nach Staub und Holz, nach längst vergessenen Erinnerungen. Egor tastete nach seinem Handy und schaltete die Taschenlampe ein. Mit einer Hand stützte er den Welpen, der nun in seiner Handfläche lag,
wie ein kleiner Herzschlag, der ihn aufforderte, weiterzumachen. Egor baute schnell ein kleines Nest aus altem Stoff und Kartons, schuf einen warmen Raum für den Welpen, der sich sofort hineinrollte und sich mit einem zufriedenen Seufzer zusammenkauerte.
„Ich bleibe bei dir“, flüsterte Egor. „Ich werde immer für dich da sein.“ Egor hastete zurück ins Haus. Sein Herz klopfte wild. „Mama, ich geh nur kurz nach draußen, mir ist etwas schwindlig!“ Sie sah ihn misstrauisch an, aber sagte nichts.
Sie verschwand in der Küche. Egor verschlang das Abendessen fast im Flug. Seine Gedanken waren bei dem kleinen Hund im Schuppen. War er sicher? Hatte er genug zu fressen? Und was, wenn er weinte? Was, wenn er sich fürchtete?
Er konnte es kaum erwarten, zu ihm zurückzukehren. Dann, wie in einem Traum, stand er wieder auf dem Feldweg zum Schuppen. Er ging leise, als ob die Dunkelheit selbst seine Schritte hörte. Im Schuppen war es dunkel,
nur die Taschenlampe erhellte das Bild des kleinen Welpen, der sich aus seinem Nest rollte, als er Egor sah. Der kleine Hund wedelte, sprang auf ihn zu und stupste ihm die Hand. Und Egor kniete sich nieder, strich ihm übers Fell und flüsterte:
„Du bist nicht allein mehr. Ich werde dich nie wieder im Stich lassen.“ Die Stunden vergingen, und Egor verbrachte jede einzelne davon mit dem Welpen – der die Kälte, das Alleinsein und den Hunger hinter sich gelassen hatte,
und jetzt war da nur noch ein zitterndes Herz, das in Freude raste. Als er am nächsten Morgen in die Schule ging, war es schwer, sich zu konzentrieren. Seine Gedanken flogen immer wieder zu dem kleinen Hund, der da draußen war,
in der Dunkelheit, und Egor fragte sich, wie er ihn retten konnte. Was, wenn jemand den Welpen fand und wegschickte? Aber er hielt an seiner Entscheidung fest. Und dann, als er nach Hause kam, war es so weit.
„Egor! Was versteckst du da?“ Mama stand vor ihm, ihre Augen blitzten wie ein Gewitter. „Nichts“, stotterte er, doch die Antwort kam zu schnell. Er drückte die Jacke noch fester an sich. Und dann war da dieser bellende Wuff, der die gesamte Spannung durchbrach.
Der Welpe, als ob er gewusst hätte, dass dies der Moment war, sprang plötzlich aus der Jacke und rannte um Egor herum, wedelte, bellte und jagte fröhlich zwischen den beiden Eltern hin und her.
„Oh mein Gott!“ Mama rief und trat zurück. „Wo kommt dieser Hund her?!“ „Er heißt Smok“, sagte Egor mit einem strahlenden Lächeln. „Ich habe ihn gestern gefunden. Er war ganz allein draußen, in der Kälte. Ich konnte ihn nicht einfach dort lassen!“
„Egor! Was hast du da getan?“ Mama stand noch immer fassungslos da.„Ich kann ihn nicht einfach weglassen“, sagte Egor fest. „Er gehört jetzt zu uns. Ich werde mich um ihn kümmern. Versprochen!“
Und dann, wie in einem unerwarteten Moment der Erkenntnis, kniete sich Papa nieder, streckte die Hand aus, und Smok, der kleine Hund, lief zu ihm und schnüffelte freudig. „Na gut“, sagte Papa schließlich, „aber du musst alles übernehmen, Egor. Alles.“
„Ich werde es tun“, sagte Egor, seine Stimme zitterte vor Aufregung. „Ich verspreche es!“ „Na schön“, sagte Mama, als sie das Lächeln in Egors Augen sah. „Aber das ist kein Spaß. Ein Hund braucht Verantwortung!“
„Er heißt Smok“, wiederholte Egor, und der kleine Welpe sprang freudig auf und leckte Egors Hand. „Na gut“, sagte Mama mit einem Lächeln. „Aber du übernimmst alles!“ Egor konnte sich kaum zurückhalten, als er den Hund in seinen Armen hielt.
Es war der Beginn von etwas Großem. Etwas, das er nie mehr aufgeben würde.