Eine Markthändlerin schenkte einem umherirrenden Jungen Geld und ahnte nicht, wie sich ihre Güte in 15 Jahren auszahlen würde.

Unterhaltung

Das Geschenk des Schicksals. — Heute bin ich wohl zu spät dran, — seufzte sie und betrachtete die Menschen, die aus Bussen und Autos stiegen, um frische Milchprodukte zu kaufen. Die Ware wurde normalerweise schnell verkauft.

Auch heute: Noch bevor der Bus mit den Kunden ankam, hielt ein Auto, und Svetlana hatte bereits die Hälfte ihres Angebots los. Wenn es so weitergeht, kann ich in ein paar Tagen Vanka sagen, dass er mit den Renovierungsarbeiten anfangen soll,

überlegte sie. Zuverlässig wird das nicht, altes Zeug aufs Alte draufpappen… aber fürs Erste wird’s schon gehen. Da hielt ein weiterer Bus auf dem Parkplatz. Die Tür sprang auf, und als Erster sprang ein Junge heraus, vielleicht zwölf Jahre alt.

Er hatte wohl lange mit dem Fahrer gesprochen, um ihn um etwas zu bitten, doch dieser hatte ihm eine Abfuhr erteilt. Mit hängenden Schultern schlurfte der Junge zur Bordsteinkante und ließ sich traurig nieder.

— Svet, kennst du den Burschen? — fragte eine andere Verkäuferin. — Der gehört doch nicht zu uns? — Nein, — entgegnete sie. — Vielleicht aus Pawlowka? Aber unwahrscheinlich. Ich kenne dort fast jeden.

— Na dann… Ich geh nach Hause. Alles verkauft! Hoffentlich wirst du auch alles los! — sagte die Frau freundlich. — Danke, — nickte Svetlana, die nun nur noch mit einer streitsüchtigen Nachbarin aus dem Dorf am Markt stand.

Ihr Blick wanderte wieder zu dem Jungen. Er saß da, so schmächtig und verlassen, dass es ihr das Herz zusammenzog. Kurzerhand nahm sie eine Flasche Milch und ging zu ihm hinüber. — Hallo! Möchtest du etwas Milch? Sie ist frisch, noch warm.

Der Junge sah die Flasche an, seine Augen verrieten Hunger und Verlangen, doch er schüttelte den Kopf: — Danke… aber nein. — Ach, komm schon. Ich schenke sie dir. Und hier, nimm auch ein paar Syrniki.

Bei der Hitze habe ich sowieso keinen Appetit. — Mit einem Lächeln hielt sie ihm ein Päckchen hin. Er zögerte. Dann nahm er es mit einem leisen Danke entgegen und begann zu essen. Svetlana beobachtete ihn: Er war dünn, aber seine Augen waren klug.

— Du bist nicht von hier, oder? Er schüttelte den Kopf. — Nein. Ich fahre zu meinem Papa. Mama und Papa haben sich scheiden lassen, und sie ist mit mir in ein Dorf zu ihren Verwandten gezogen. Anfangs war’s noch schön,

aber dann… dann haben sie nur noch getrunken und gestritten. Papa kam einmal, brachte Geld, doch sie haben es gleich verpulvert. Er wollte mich mitnehmen, aber Mama ließ mich nicht. Und vor zwei Tagen…

da hatte sie plötzlich einen neuen Freund. Er war betrunken und wollte mich schlagen. Ich habe die Nacht im Schuppen verbracht. Svetlana atmete auf. Immerhin hat er einen Vater. Er ist nicht völlig allein auf der Welt.

— Weißt du denn, wie du zu ihm kommst? Der Junge nickte eifrig. — Klar! Ich muss nur zum Busbahnhof. Von dort ist es nicht mehr weit. Ich kenne den Weg noch. — Und wie viel kostet das Ticket? — Zweihundert Rubel.

Svetlana biss sich auf die Lippe. Heute hatte sie gut verdient, knapp zweitausend. Doch sie brauchte jeden Rubel für die Reparaturen… Sie sah den Jungen an. Seine schmalen Schultern. Seine klugen Augen voller Traurigkeit.

Plötzlich war es keine Entscheidung mehr. — Hier, nimm. Da kommt schon dein Bus. Fahr zu deinem Papa. Ungläubig starrte er sie an. — Meinen Sie das ernst? — Natürlich. Na los, beeil dich. Er sprang auf,

dann drehte er sich noch einmal um, rannte zu ihr zurück und umarmte sie. — Danke! Danke von Herzen! Svetlana spürte, wie ihr die Kehle eng wurde. Ihr eigenes Leben war nicht leicht gewesen.

Sie hatte keine Kinder, und ihr Mann hatte sie verlassen, als sie noch jung war. Der Bus fuhr an. Der Junge lehnte sich aus dem Fenster und winkte heftig. — Wie heißt du? — rief sie. — Dimka! Und Sie?

— Svetlana. Oder einfach Tante Sveta. Er lachte. — Wir sehen uns wieder, Tante Sveta! Sie lachte mit, doch als der Bus verschwand, blieb ein leises Ziehen in ihrer Brust zurück. Hinter ihr ertönte eine spöttische Stimme:

— Na, bist du dumm, oder was? Svetlana fuhr herum, sah die Verkäuferin an, die sie höhnisch anstarrte. — Und was geht dich das an? Kümmere dich um deinen eigenen Kram! Sie ging nach Hause.

Die Milch, die sie nicht verkauft hatte, war in der Hitze schlecht geworden. Der Regen kam, der Wind rüttelte an ihrem alten Dach. Sie stellte, wie immer, die Schüsseln auf, um das Tropfwasser aufzufangen.

Sie brauchte Baumaterial. Sie brauchte Geld. Aber sie dachte nur an Dimka. Fünfzehn Jahre später. — Michael Jurjewitsch, warum sind Sie so ein Mensch? Mein ganzes Leben habe ich auf dieser Farm geschuftet,

meine Gesundheit ruiniert, und jetzt helfen Sie mir nicht mal ein bisschen? Der Mann hinter dem Schreibtisch zuckte nur mit den Schultern. — Ach, Svetlana Jewgenjewna… Es ist eben Marktwirtschaft. Nichts gibt’s umsonst.

Zahlen Sie, und morgen schon steht eine Brigade vor Ihrem Haus. Svetlana schlug mit der Faust auf den Tisch. — Du elender Gauner! Ich kenne dich. Du hast dich hochgeschlichen und alles geplündert! Wart’s nur ab,

ich werde dem Besitzer alles erzählen! Michael lachte nur. — Ach, tun Sie das. Er war in den letzten drei Jahren genau einmal hier. Meinen Sie, er interessiert sich für eine alte Frau?Svetlana stapfte hinaus. Wut brannte in ihrem Magen.

Wieder Regen. Wieder Tropfwasser im Haus. Wieder keine Hilfe. Dann – Motorengeräusch. Eine schwarze Luxuskarosse hielt vor ihrem Tor. Eine Limousine? In diesem Nest? Zwei Männer stiegen aus. Der ältere verneigte sich mit einem Lächeln.

— Grüß Gott, meine Damen! — Wo wart ihr, als wir noch jung waren? — lachten Svetlana und ihre Nachbarin. — Sagen Sie… wohnt hier eine Svetlana? Svetlana blinzelte. Der jüngere trat näher, ein breites Lächeln auf dem Gesicht.

— Tante Sveta? Sie schnappte nach Luft. Diese Augen… diese Stimme… — Dimka?! Er breitete die Arme aus. — Papa, sie hat mich erkannt! Er war zurück. Fünfzehn Jahre später. Aber er war zurück. Am nächsten Morgen rückte eine Baukolonne an.

Svetlanas Haus wurde renoviert. Michael bekam einen Besuch vom Verwaltungsrat. Und als Dimka fragte: — Dürfen wir dich öfter besuchen? Da konnte sie nur nicken und flüstern: — All das… für zweihundert Rubel?

Er nahm ihre Hände in seine. — Nein. Für dein großes Herz.

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