Lisa kehrte in das alte Elternhaus zurück, mit dem festen Entschluss, ihre Mutter mitzunehmen und den Ort für immer hinter sich zu lassen.
Doch in ihrem Inneren nagte eine einzige, quälende Frage: Warum hatte ihre Mutter ihren verstorbenen Nachbarn Jeremy mit solchem Hass erfüllt?
Beim Betreten des Hauses fand sie schließlich die Antwort – eine Antwort, die sie sich gewünscht hätte, viel früher zu erfahren.
Schon beim Anblick des Hauses stürmten die Erinnerungen auf sie ein. Es war fast unverändert, mit einem Hauch von Verfall, der dem Gebäude jedoch eine eigenartige Stärke verlieh.
Der Duft des verwitterten Holzes und des Gartens, der vertraute Geruch von Erde und Vergangenem, strömte in ihre Nase und ließ sie tiefer in ihre Kindheit eintauchen.
Das letzte Mal, dass sie hier gewesen war, lag Jahre zurück, bei einem Familienfest, das mehr eine Pflicht als eine Feier gewesen war.
Ihre Mutter, zu Lebzeiten bekannt für ihre ständigen Auseinandersetzungen und ihre schnelle, unbeugsame Wut, war nie jemand gewesen, mit dem sie eine enge Beziehung pflegen konnte.
Doch in letzter Zeit hatte sich etwas verändert. Ihre Mutter war nicht mehr die energische Frau von früher.
Sie klagte oft, dass ihr die alltäglichen Aufgaben wie Einkaufen oder Hausarbeit schwer fielen, und ihre Stimme klang schwächer. Es war Zeit, sie in ihre Nähe zu holen, in ein Umfeld, in dem sie sicher und umsorgt wäre.
Dennoch blieb eines für Lisa unverständlich: Warum hatte ihre Mutter Jeremy, den freundlichen und hilfsbereiten Nachbarn, so sehr verachtet?
Sie hatte ihr stets verboten, sich ihm zu nähern, obwohl Jeremy ihr immer mit einem offenen Lächeln begegnet war.
Doch als Kind hatte sie nie nach den Gründen gefragt – sie hatte die strengen Regeln ihrer Mutter befolgt und sich von ihm ferngehalten. Jetzt, als Erwachsene, fühlte sie den Drang, das Rätsel zu lösen.
Im Haus stieß sie auf vertraute Erinnerungsstücke – Fotos, die längst vergessen geglaubte Momente ihrer Kindheit festhielten, und kleine Dinge, die das Leben ihrer Eltern widerspiegelten.
Besonders ein Foto fiel ihr ins Auge: ein Bild aus einem alten Familienurlaub, das sie mit ihren Eltern zeigte.
Ihre Augen verweilten auf dem Bild, und sie bemerkte, wie sehr sie ihrem Vater glich – nicht in der äußeren Erscheinung, sondern in der Tiefe des Blicks, der eine Ruhe ausstrahlte, die sie nie bei ihrer Mutter gesehen hatte.
Plötzlich erblickte sie in der hintersten Ecke ihres Kleiderschranks etwas, das sie fast vergessen hatte: Mr. Peeblest, ein abgenutzter, aber liebevoller Teddybär, den ihr Jeremy einst geschenkt hatte.
Sie erinnerte sich an den Tag, als er ihr den Bären überreichte, mit einem Lächeln, das so warm und einladend war, dass es ihre Mutter nur noch mehr verärgerte.
Sie hatte ihr damals einen Monat Hausarrest verpasst und ihr befohlen, den Teddybär wegzuwerfen. Doch Lisa hatte sich geweigert und ihn heimlich in ihrem Schrank versteckt.
Jetzt, mit dem Bären in den Händen, spürte sie, wie die alte Neugier wieder in ihr aufstieg. Warum hatte ihre Mutter so eine Abneigung gegen diesen freundlichen Mann gehabt?
Was war das Geheimnis, das sie nie mit ihr geteilt hatte? Lisa wusste, dass sie die Antworten finden musste, um endlich den Grund für den tiefen Hass ihrer Mutter zu verstehen.
Sie atmete tief ein, ließ den Blick über die alten, staubigen Möbel streifen und entschied sich, eine Pause zu machen. Sie wollte wissen, was wirklich zwischen ihrer Mutter und Jeremy vorgefallen war.
Während sie durch das Haus wanderte, spürte sie die Schwere der Vergangenheit in jeder Ecke, in jedem alten Möbelstück und jedem verblassten Foto.
Es war, als ob das Haus selbst die Geheimnisse bewahrte, die nie ausgesprochen wurden – und jetzt war es an der Zeit, sie zu lüften.