Mein Mann hat mich vor der ganzen Familie erniedrigt, und ich habe es ertragen – doch eines Tages beschloss ich, mich zu rächen.

Unterhaltung

Der Duft ist wieder da. Zimt und Vanille. Er zieht durch die Küche, süß und trügerisch, als wollte er mich mit einer falschen Umarmung beruhigen. Ich starre auf den Cheesecake, der dampfend auf dem Tisch ruht.

Zum hundertsten Mal kontrolliere ich das Rezept, als könnte es mich vor dem Urteil schützen. «Masha, was ist denn los?» Andres Stimme schneidet durch die Luft. «Die Gäste warten!» Mit zitternden Fingern schneide ich den Kuchen,

jedes Stück millimetergenau. Perfektion. Perfektion ist meine einzige Waffe. Ich verziere ihn mit frischen Himbeeren, richte die Teller an. Es ist alles richtig. Es muss richtig sein. Ich trete ins Wohnzimmer, das Serviertablett in den Händen,

als wäre es ein Opferaltar. Andres Familie plaudert fröhlich, Lachen tanzt durch den Raum. Nur seine Mutter mustert mich mit kühler Skepsis. «Ah, da kommt unsere Meisterköchin!» Andres spöttisches Grinsen trifft mich wie eine kalte Klinge.

«Hoffentlich ist es dieses Mal nicht wieder eine Katastrophe.» Ich verteile die Teller. Andres Löffel senkt sich langsam, genüsslich, auf den Cheesecake. Mein Herz rast. Er kostet. Ein Moment Stille.

Dann sein theatralischer Seufzer. «Ernsthaft? Das ist dein bestes Ergebnis? Trockener als die Sahara. Masha, hast du überhaupt Ohren, wenn ich dir erkläre, wie man backt?» Ich versuche zu sprechen, aber er lässt mich nicht.

«Temperatur 160 Grad, nicht mehr. Sogar ein Kind kann sich das merken. Aber du?» Er schnaubt. «Ich frage mich manchmal, ob ich nicht doch eine Frau hätte heiraten sollen, die kochen kann.» Gelächter füllt den Raum.

Meine Schwiegermutter seufzt gespieltes Mitleid. «André, sei nicht so streng. Sie gibt sich doch Mühe.» Mühe. Mühe? Ich stehe da, das Tablett in den Händen, meine Finger weiß vor Anspannung. Etwas in mir bricht. Lautlos. Endgültig.

Ich flüchte in die Küche, die Worte hallen nach, mischen sich mit dem Ticken der Wanduhr. Wie lange noch? Wie oft noch? Aber etwas ist anders heute. Am Abend, als die Gäste gegangen sind, stehe ich lange vor dem Spiegel.

Ich sehe mich an. Das fahle Gesicht. Die erloschenen Augen. Die hängenden Schultern. Ich erkenne mich nicht mehr. Dann höre ich ihn. Andres Stimme aus dem Wohnzimmer. Telefonierend. Lachend.

«Ja, stell dir vor. Sie hat es schon wieder verkackt. Ich schwöre, ich verliere langsam den Verstand mit dieser Frau…» Stille in mir. Kristallklare Stille. Genug. Nie wieder. «Masha, hast du den Verstand verloren?» Andres Augen sind weit aufgerissen,

sein Atem geht hektisch. Die Fesseln an seinem Handgelenk schneiden tief in die Haut. «Mach das sofort los!» Ich betrachte ihn, als wäre er ein seltenes Insekt unter Glas. Zum ersten Mal in all den Jahren wirkt er… klein.

Meine Hände zittern nicht mehr. «Weißt du, Liebling,» sage ich sanft und lasse meine Fingerspitzen über seine Wange gleiten, «zehn Jahre sind eine lange Zeit. Genug Zeit, um den perfekten Cheesecake zu backen.

Aber egal, was ich tue – du findest immer einen Grund, mich niederzumachen.» Sein Blick flackert. «Masha, das war doch nur ein Scherz!» Ich lache leise. «Scherz? War es auch ein Scherz, als du auf unserer Hochzeit vor allen gesagt hast,

dass ich selbst zum Blumenstraußwerfen zu ungeschickt bin? War es ein Scherz, als du vor meinen Eltern gesagt hast, dass ich zu unfähig sei, schwanger zu werden?» Sein Gesicht verliert jede Farbe.

«Drei Fehlgeburten, André. Drei. Und du hast es zu einem Witz gemacht.» Ich stehe auf, gehe langsam durch den Raum. Der Morgen graut bereits. Das Ticken der Uhr zerschneidet die Luft. «Schau hier,» sage ich und halte ihm ein altes Foto hin.

«Das war ich, vor zehn Jahren. Glücklich. Und hier…» Ich zeige auf ein Bild von letztem Silvester. «Siehst du den Unterschied?» Er schluckt. Er schweigt. Ich hole einen Koffer aus dem Schrank und beginne, meine Sachen zu packen. Ruhig. Methodisch.

«Was machst du?!» Panik kriecht in seine Stimme. Ich wende mich ihm zu. «Ich gehe.» Er brüllt. Fleht. Droht. Doch ich höre nicht mehr hin. Ich bin längst fort. Draußen schließt sich die Haustür mit einem leisen Klicken hinter mir.

Und mit jedem Schritt in die Morgenluft fällt eine unsichtbare Last von meinen Schultern. Ich gehe in mein neues Leben.

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