Am Samstag, als meine Tochter Jana mit ihrem Sohn Toma plötzlich vor der Tür stand, hatte ich das Gefühl, als würde sich der Boden unter meinen Füßen verändern. Sie war für ihre Spontaneität berüchtigt, doch an diesem Tag war etwas anders.
Ihre sonst so lebendige, ansteckende Energie war wie verflogen. Ihr Gesicht war blass, die Augen leer, als ob sie gegen etwas in sich selbst kämpfte. Die Sorgenfalten auf ihrer Stirn waren tiefer, als ich sie je zuvor gesehen hatte, und ich spürte sofort, dass etwas nicht stimmte.
„Mama, ich muss dich um etwas bitten“, begann sie, ihre Stimme zitterte. Sie stellte Toma vorsichtig auf den Boden, und der kleine Wirbelwind rannte ohne einen Blick zurück in das Wohnzimmer, völlig ahnungslos, was zwischen uns beiden vorging.
„Natürlich, mein Schatz. Was ist passiert?“ fragte ich, mein Herz pochte schneller, während ich sie aufmerksam betrachtete. In ihren Augen lag eine Traurigkeit, die ich nicht kannte, und ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie mir etwas verheimlichte.
Jana vermied meinen Blick und schob einen blauen Koffer durch den Flur. „Ich muss dringend geschäftlich verreisen. Kannst du für zwei Wochen – vielleicht auch länger – auf Toma aufpassen?“ „Länger?“ Meine Stimme versagte fast, als ich diese Worte aussprach.
Jana, die nie länger als nötig von ihrem Sohn getrennt war, wollte plötzlich für so lange verschwinden? „Und worum geht es bei dieser Reise?“ „Es ist nur Arbeit“, sagte sie viel zu schnell, ihre Hand zitterte, als sie nervös an der Tasche zupfte. „Mach dir keine Sorgen.“
Doch ich konnte nicht beruhigt sein. Etwas war nicht in Ordnung. Ihre Augen, die sonst vor Leben sprühten, schienen leer und abwesend. Ihre Umarmung war kurz und hastig, als sie mich zum Abschied drückte, fast so, als wollte sie sich an mir festhalten,
als ob sie wüsste, dass sie mich gleich für eine lange Zeit zurücklassen würde. „Versprich mir, dass du anrufst, wenn etwas passiert“, bat ich, meine Stimme zitterte vor Sorge. „Ich verspreche es“, flüsterte sie, und dann war sie schon weg.
Der Raum war plötzlich still, und ich spürte die Schwere in der Luft. Toma, fröhlich wie immer, war meine einzige Ablenkung an diesem Tag. Wir spielten und lachten, doch ich konnte den düsteren Gedanken nicht abschütteln, die sich in meinem Kopf verfestigten.
Als ich später den Koffer für Toma auspackte, wurde mir der Atem genommen. Der Koffer war nicht für zwei Wochen gepackt – er war für Monate. Kleidung für alle Jahreszeiten, seine liebsten Spielzeuge, sogar Medikamente.
Ich ließ den Deckel des Koffers langsam wieder zuschlagen, als mein Blick auf einen weißen Umschlag fiel. Meine Hände zitterten, als ich ihn öffnete. Ein Bündel Geld lag darin – viel mehr, als Jana je bei sich getragen hatte.
Ein Schauer lief mir über den Rücken. Was war hier los? Warum hatte sie mir das hinterlassen? Wohin war sie gegangen? Und vor allem – warum hatte sie mir nicht die Wahrheit gesagt? Ich rief sofort an. Doch ihre Nummer war tot. Kein Signal.
Ich hinterließ eine Nachricht auf der Mailbox, meine Stimme zitterte vor Angst: „Jana, hier ist Mama. Bitte melde dich. Ich muss wissen, dass du in Sicherheit bist.“ Die Tage zogen sich hin, und ich hörte nichts. Weder von Jana noch von irgendjemandem,
der wusste, wo sie war. Ich rief bei ihrer Arbeit an, bei ihren Freunden, sogar bei ihrer Mitbewohnerin aus dem College. Niemand hatte sie gesehen. Es war, als wäre sie in Luft aufgelöst. Toma fragte immer wieder, wann Mama zurückkommt,
und jedes Mal schnürte sich mir der Hals zu. Wie konnte ich ihm die Wahrheit sagen, wenn ich selbst keine Ahnung hatte, was vor sich ging? Dann, eines Morgens, klingelte mein Telefon. Das Display zeigte Janas Namen. Mein Herz setzte einen Schlag aus.
Ich schnappte nach Luft und nahm den Anruf an. Als ihr Gesicht auf dem Bildschirm erschien, atmete ich erleichtert auf. Doch die Erleichterung war nur von kurzer Dauer. Sie sah erschöpft und blass aus, und das Lächeln, das sie mir schenkte, war leer.
„Jana, wo bist du? Was ist passiert? Geht es dir gut?“ fragte ich, die Angst in meiner Stimme war unüberhörbar. „Es ist alles gut, Mama“, antwortete sie leise, aber ihre Augen verrieten mehr, als sie sagte. „Ich kann dir nicht sagen, wo ich bin, aber ich bin sicher. Bitte mach dir keine Sorgen.“
„Jana, du lügst. Das ist nicht wie du. Was passiert hier? Warum kannst du mir nicht die Wahrheit sagen?“ Sie schüttelte den Kopf, als ob sie wünschte, es gäbe eine andere Möglichkeit. „Ich kann es nicht erklären. Aber ich musste gehen.
Es geht um Toma. Ich tue das für ihn. Ich verspreche, ich komme bald zurück.“ „Sprich mit ihm, bitte“, bat ich, und Jana übergab den Hörer an Toma. Ihre Stimme war sanft, als sie ihn beruhigte, doch ich wusste, dass sie sich vor mir verbarg.
Kurz darauf war sie wieder verschwunden, und ihre Nummer war erneut nicht erreichbar. Wochen vergingen, und schließlich kam Jana zurück. Sie sah noch dünner und erschöpfter aus, als ich sie verlassen hatte, doch ihre Augen brannten jetzt mit einer Entschlossenheit,
die ich nie zuvor gesehen hatte. Toma rannte zu ihr, und der Raum erhellte sich, als sie sich in die Arme schloss. Ein Moment purer Freude, doch in meinem Herzen pochte eine andere Wahrheit. Die Geheimnisse, die Jana verbarg, lasteten schwer auf mir.
„Mama“, sagte sie leise, als sie sich mit Toma für die nächste Reise vorbereitete. „Danke, dass du für uns da warst. Ich kann es dir nicht erklären, aber ich musste ihn beschützen. Du wirst nie wissen, wie viel das für mich bedeutet.“
„Komm einfach in Sicherheit, Jana“, flüsterte ich und umarmte sie so fest, dass ich ihre Ängste förmlich in meinen Armen spüren konnte. „Alles, was ich mir wünsche, ist, dass du in Sicherheit bist.“ Als sie schließlich ging und ich sie beim Verlassen des Hauses beobachtete,
verschwand ihr Auto hinter der nächsten Kurve, fühlte sich mein Herz schwer an. Es war voll von Liebe für meine Tochter und meinen Enkel, doch auch von Furcht vor den dunklen Geheimnissen, die sie mit sich trug.
Ich flüsterte ein Gebet, bat um ihre Sicherheit und hoffte, dass die Schatten, die sie verfolgten, sie nicht einholen würden.