Man nannte ihn einen Dummkopf und einen Krüppel. Ich will meiner Mutter zu Neujahr einen kahlen Weihnachtsbaum schenken. Da wird sie sich freuen. Aber was dann geschah…

Unterhaltung

Sascha ist bereits fünfunddreißig Jahre alt, doch er glaubt noch immer daran, dass Wunder geschehen können. Besonders an Silvester. Auch wenn es nur kleine Wunder sind. So wie gestern… Seine Mutter war traurig, weil sie dieses Jahr keinen Weihnachtsbaum hatten.

„Das ist doch trostlos, Sascha. Früher war alles anders, findest du nicht? Freundlicher, wärmer. Und wir hatten fast jedes Jahr einen geschmückten Baum. Erinnerst du dich?“ Natürlich erinnerte er sich. Er hätte seiner Mutter gerne einen Baum gekauft,

aber das ging nicht. Sie würde sich nur aufregen, schimpfen. Sie hatte es doch eindeutig gesagt: „Nicht mal dran denken! Das ist viel zu teuer. Wir kommen auch ohne aus.“ Und dann geschah es: Heute Morgen hatte ihn der Verkäufer

vom Weihnachtsbaumstand gefragt, ob er den Schnee wegräumen könne. Sascha machte sich an die Arbeit – schaufelte die matschige, von unzähligen Füßen festgetretene Schneepampe beiseite, entfernte Nadeln und kleine Äste, streute Sand auf die rutschigen Wege.

„Gut gemacht, danke dir!“ lobte ihn der rundliche, rotgesichtige Verkäufer und klopfte ihm auf die Schulter. „Wie soll ich dich bezahlen? Wenn du willst, nimm dir einen Baum. Dort drüben stehen welche, die nicht mehr so schön sind.“

Natürlich sagte Sascha ja. Er suchte sich einen aus der kleinen Auswahl aus. Ein bisschen kahl auf einer Seite, aber das war nicht schlimm. Er würde ihn in die Ecke stellen, sodass die kahle Seite verborgen blieb und nur das Schöne zu sehen war.

Seine Mutter würde sich bestimmt freuen, und der Duft frischer Tannennadeln würde die Wohnung mit festlicher Atmosphäre erfüllen…

Jetzt stand der Baum im Treppenhaus, in einem Winkel, wo er niemanden störte. Sascha konnte es kaum erwarten, ihn nach Hause zu bringen. Doch zuerst musste er noch die Gehwege freischaufeln.

„Sascha, kannst du mir helfen?“ rief eine Stimme hinter ihm. Es war Alexej, der Nachbar aus dem zweiten Stock. Ein netter Kerl, auch wenn ihn seine Mutter immer scherzhaft „den reichen Kerl“ nannte. Aber er behandelte Sascha immer mit Respekt.

Und bat ihn oft um kleine Gefälligkeiten. Sascha sagte selten nein – er half gern. „Mein Auto ist unter einem Schneehaufen verschwunden! Diese Räumfahrzeuge… Eine Katastrophe! Hilfst du mir?“ Sascha nickte, nahm die Schaufel und folgte Alexej.

Die große, glänzende Limousine war fast vollständig im Schnee versunken, nur noch das Dach ragte heraus. „Wie die bloß arbeiten…“ schimpfte Alexej. „Mir fehlen die Worte! Na los, packen wir’s an.“ Der Schnee war schwer,

und mit jedem Schaufelstich fühlte sich das Werkzeug schwerer an. Aber Sascha war fleißig und bald war das Auto wieder befreit. „Danke, mein Freund! Warte mal…“ Alexej griff in seine Tasche und zog eine glänzende, festlich dekorierte Tüte hervor.

„Hier, für dich! Frohes Fest!“ Sascha nahm die Tüte entgegen und war verblüfft. Darin waren ein Glas mit rotem Kaviar, eine Flasche Sekt, eine Tafel Schokolade und eine rosa Weihnachtskugel. Er sah Alexej mit großen Augen an und wollte danken, aber der winkte nur ab.

„Ach, nicht der Rede wert!“ Er griff noch einmal in seine Tasche, zog einige Geldscheine hervor und steckte sie Sascha in die Jackentasche. „Und das für deine Arbeit!“ Sascha fühlte sich verlegen. Das Geschenk allein war schon mehr,

als er erwartet hatte. Aber Alexej war schon ins Auto gestiegen und brauste davon. Mit schnellen Schritten eilte Sascha nach Hause. Er wollte den Baum und die Geschenke abliefern, dann die Wege fertig räumen. Der Schnee fiel immer dichter…

„Woher hast du das?“ fragte seine Mutter erstaunt, als Sascha den Baum aufstellte und ihr das glänzende Paket überreichte. Er erklärte ihr schnell, wie er den Baum bekommen hatte, erzählte von Alexejs Geschenk und dem Geld.

Seine Mutter lächelte, und Sascha spürte, wie sein Herz vor Freude hüpfte. Wenigstens einen Wunsch hatte er ihr erfüllt. Sie setzte sich sogar aufrecht hin, griff nach ihrem warmen Bademantel. Heute fühlte sie sich nicht besonders.

In letzter Zeit ging es ihr oft nicht gut… Da klingelte es an der Tür. Sascha öffnete – es war Olga, die Nachbarin. Sie besuchte seine Mutter manchmal, half ihr, machte ihr Injektionen. Sascha mochte Olga.

Sie war freundlich, hübsch, arbeitete als Krankenschwester. Seine Mutter mochte sie auch. „Ach, Sascha, wenn du nur so eine Frau hättest!“ seufzte sie manchmal. Er zuckte dann nur mit den Schultern. Er hatte sich damit abgefunden,

dass er wohl nie heiraten würde. Frauen wollten kluge, wohlhabende Männer mit Charisma. Und er war weder das eine noch das andere. „Aber du bist fleißig und gutmütig“, meinte seine Mutter dann, musste aber immer zugeben:

„Ja, leider schätzt das heute kaum noch jemand.“ Olga würde ihn ohnehin nicht heiraten. Selbst wenn sie nicht schon verheiratet wäre. Ihr Mann Pawel war ein anständiger Kerl, aber oft stritten sie. Manchmal hörte Sascha ihre lauten Auseinandersetzungen durch die dünnen Wände…

„Ich schufte wie eine Wahnsinnige! Wenigstens zu Hause will ich meine Ruhe!“ schimpfte Olga oft. „Ich hab doch nur ein Gläschen getrunken…“ verteidigte sich Pawel dann leise. „Ich wärme dir das Abendessen auf. Bitte sei nicht böse, Olja.“

Aber sie war bereits in Rage, schrie, weinte, dann wurde es still Heute hatte sie jedoch keine Zeit zum Reden. Olga verschwand im Zimmer seiner Mutter, und Sascha zog sich an, um seine Arbeit zu beenden.

Als er wieder schaufelte, dachte er über den Abend nach. „Ich sollte noch in den Laden gehen. Jetzt, wo ich das Geld habe, können wir ein richtiges Festmahl vorbereiten.“ Er kaufte sorgfältig ein. Obwohl er nicht klug war, verstand er sich darauf, Geld einzuteilen.

Als er den Laden verließ, bemerkte er eine kleine, schwarze Hündin, die ihm gefolgt war. „Na, du?“ Er riss die Packung auf, zog eine Wurst heraus und reichte sie der Hündin. Sie schnupperte, schnappte zu und schmatzte zufrieden.

Sascha lächelte. „Na komm mit.“ Die kleine Hündin folgte ihm mit wedelndem Schwanz. Als sie das Haus erreichten, saß Pawel auf der Bank. „Sanek… Ich hab’s vermasselt“, murmelte er. Sascha hörte zu. Schließlich sagte er: „Komm mit uns feiern.“

„Ich?“ Pawel riss die Augen auf. „Ja. Kein Mensch sollte Silvester alleine verbringen.“ Kurze Zeit später saßen sie alle zusammen – Pawel, Olga, Saschas Mutter, die alte Nachbarin, die sich einsam gefühlt hatte.

Die kleine Hündin lag satt und zufrieden auf einem Kissen. Olga hob ihr Glas. „Sascha, du bist ein guter Mensch. Ich wünsche dir, dass du eine Frau findest, die dich zu schätzen weiß.“ Sascha lächelte verlegen.

Vielleicht würde es eines Tages passieren. Vielleicht auch nicht. Aber heute war er glücklich.

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