Die Rache der Blumen, Martha spürte das Adrenalin durch ihre Adern rauschen, als sie aus dem Auto stieg. Es war ein perfektes Wochenende gewesen – Lachen, Lagerfeuer, der Duft von gegrillten Marshmallows und der Klang von Amys unbeschwerter Stimme.
Aber jetzt, zurück in ihrer Einfahrt, spürte sie, dass etwas nicht stimmte. Ihr Blick wanderte zum Garten. Und in der nächsten Sekunde erstarrte sie. Wo einst ein Meer aus leuchtenden Tulpen, sanften Narzissen und duftenden Rosen gewogt hatte, stand nun eine groteske,
albtraumhafte Parade aus Gartenzwergen.Dutzende. Nein – Hunderte. Ihre grinsenden Keramikgesichter glotzten sie hämisch an. Einige hoben spöttisch die Zipfelmützen, andere streckten dreist die Zungen raus. Die Luft schien zu flimmern, als würde der Garten selbst über den Frevel schreien.
Martha fühlte, wie ihr Herz raste, ihr Magen sich zusammenzog. Wo waren Amys Blumen? Ihre liebevoll gepflegten Beete? Ihr ganzer Stolz? Ein Geräusch riss sie aus ihrer Schockstarre. „Mama…?“ Amy stand hinter ihr. Ihre Stimme war leise. Zu leise.
Martha drehte sich um – und ihr brach das Herz. Amys große, leuchtende Augen, die sonst voller Leben waren, füllten sich mit Tränen. Ihre kleinen Hände krallten sich in den Saum ihres T-Shirts. Ihr Blick irrte verzweifelt über das Schlachtfeld aus Kitsch und Zerstörung.
„Wo… wo sind meine Blumen?“ Martha schluckte hart. Sie wollte ihr sagen, dass es ein Missverständnis war, dass es sich aufklären würde. Doch sie wusste genau, wer dahintersteckte. Gloria. Die Schwiegermutter aus der Hölle.
Langsam drehte Martha sich zum Haus. Ihr Blut kochte. Sie würde Gloria nicht anschreien – oh nein. Schreien bedeutete, dass man sich provozieren ließ. Und das war genau das, was Gloria wollte. Nein, Martha hatte eine viel bessere Idee.
Eine Lektion. Eine, die Gloria niemals vergessen würde. Die Zerstörung eines Traums. Amy war erst zwölf, aber ihre Hände kannten die Geduld und Hingabe einer erfahrenen Gärtnerin. Sie hatte jeden Samen eigenhändig gesetzt, jeden Sprössling liebevoll umsorgt.
Für Amy war ihr Garten mehr als nur ein paar Blumen. Es war ein kleines, blühendes Paradies. Ein Ort, an dem sie Zuflucht fand, an dem sie träumen konnte. Doch Gloria hatte nie etwas davon gehalten. „Ein Kind sollte sich nicht im Dreck wälzen“,
hatte sie einmal mit einer spitzen Miene gesagt. „Mädchen in ihrem Alter sollten sich um Wichtigeres kümmern – wie Mode oder Jungs.“ Amy hatte ihre Worte ignoriert. Doch Martha hatte den giftigen Unterton nicht überhört.
Und jetzt… Jetzt hatte Gloria bewiesen, dass sie keine Grenzen kannte. Während Martha noch überlegte, wie sie reagieren sollte, schlenderte Gloria seelenruhig aus dem Haus. In ihren perfekten Locken glänzte kein einziges graues Haar,
und ihr Gesicht strahlte eine falsche, überhebliche Zufriedenheit aus. „Na, gefällt euch die Veränderung?“, fragte sie süßlich und verschränkte die Arme. Marthas Fäuste ballten sich, doch sie zwang sich zu einem Lächeln.
„Wo sind Amys Blumen?“ Ihre Stimme war ruhig. Zu ruhig. Gloria zuckte mit den Schultern. „Blumen verwelken. Aber Gartenzwerge? Die bleiben ewig! Amy wird sich daran gewöhnen. Es ist doch viel fröhlicher so, findest du nicht, mein Schatz?“
Amy gab keinen Laut von sich. Ihr Gesicht war eine Maske aus Enttäuschung und Schmerz. Martha spürte, wie sich ein Feuer in ihr entzündete. Doch anstatt zu explodieren, atmete sie tief durch. Sie würde sich nicht auf Glorias Niveau herablassen.
Sie würde sie übertreffen. Mit einem eiskalten Lächeln sagte sie: „Du hast recht, Gloria. Diese Gartenzwerge sind wirklich… wertvoll.“ Gloria hob überrascht die Augenbrauen. Martha konnte förmlich sehen, wie sie innerlich die Krallen einzog, irritiert über die plötzliche Zustimmung.
„In der Tat!“, schnatterte Gloria. „Sie sind handbemalt und waren nicht billig! Aber für meinen Enkel – oder sollte ich sagen, meinen zukünftigen echten Enkel – investiere ich gerne in Schönheit.“ Stephen, der bisher still neben Martha gestanden hatte, holte scharf Luft.
Doch bevor er etwas sagen konnte, legte Martha ihm sanft eine Hand auf den Arm. Noch nicht. „Wie viel haben sie gekostet?“, fragte sie stattdessen mit freundlicher Stimme. Glorias Augen blitzten. „Oh, nicht wenig! Mindestens 500 Dollar.“
Martha nickte, als würde sie sich die Zahl merken. Dann beugte sie sich zu Amy hinunter und strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Schatz, geh rein. Ich kümmere mich darum.“ Amy zögerte, doch als sie den Blick ihrer Mutter sah – ruhig,
entschlossen, mit einem Funken, den sie nur selten gesehen hatte – nickte sie langsam und verschwand im Haus. Dann drehte sich Martha wieder zu Gloria um und lächelte. Ein gefährliches Lächeln. „Gut, Gloria. Dann erwarte ich eine Zahlung von dir.
Und zwar für den Schaden, den du verursacht hast.“ Die Rache der Blumen Am nächsten Abend, bei einem scheinbar entspannten Familienessen, legte Martha Gloria einen Umschlag vor die perfekt manikürten Hände.
Gloria öffnete ihn – und ihre Miene verwandelte sich in pures Entsetzen. „Was zum…?! 1500 Dollar?! Das ist doch ein schlechter Witz!“ Martha lehnte sich zurück und nippte gelassen an ihrem Wein. „Ganz und gar nicht. Das sind die Kosten für den beschädigten Boden,
die seltenen Pflanzen und die Wochen harter Arbeit, die Amy in ihren Garten gesteckt hat. Ich dachte, du würdest das verstehen – schließlich schätzt du doch Werte, oder?“ Gloria schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Ihr Blick schoss zu Stephen, doch ihr Sohn sah sie nur wortlos an, die Arme vor der Brust verschränkt. Martha genoss den Moment. Gloria war in die Falle getappt. Mit verkniffenem Mund zückte sie widerwillig ihr Scheckbuch.
Als die Zahlung erfolgte, sagte Martha ruhig: „Oh, und übrigens – wir haben beschlossen, dass Gartenzwerge einfach nicht in unseren Garten passen. Sie stehen bereits im Kofferraum deines Autos. Ich bin mir sicher, dass du einen besseren Platz für sie findest.“
Gloria starrte sie an, fassungslos. Amy bekam ihren Garten zurück. Und Gloria? Sie würde sich nie wieder an Martha oder ihrer Tochter vergreifen. Denn eines war jetzt klar: Wer sich mit einer Mutter anlegt, die ihr Kind beschützt, spielt mit dem Feuer.